Bürgerinitiative „Barrierefreiheit als Pflichtfach“

ÖZIV-Petition: Barrierefreiheit als Pflichtfach!

Der ÖZIV startet eine Parlamentarische Bürgerinitiative, um die Ausbildung in Sachen Barrierefreiheit in allen relevanten Berufsbildern sicherzustellen. Ziel sind vorerst 500 Unterschriften, um eine parlamentarische Behandlung zu ermöglichen. Die Unterschriftslisten lagen von Mitte April bis Juli 2012 in den meisten ÖZIV Standorten in ganz Österreich auf.

„Mit dieser Bürgerinitiative“, so ÖZIV Präsident Klaus Voget, „wollen wir dem Parlament eindeutig vor Augen führen, dass es für die Festschreibung eines Pflichtfaches „Barrierefreiheit“ zuständig ist und dies nicht vergessen soll. Es ist nicht mehr hinzunehmen, dass in Österreich oftmals nach dem Prinzip Versuch und Irrtum zu Lasten von Menschen mit Behinderungen gebaut wird, weil es an Ausbildung mangelt.“

Mit der Forderung soll zukünftig in allen Universitäten, Fachhochschulen und HTL’s ein Pflichtfach barrierefreies Bauen einführt werden und das Thema Teil von Befugnisprüfungen sein.

Das Thema Ausbildung in Sachen Barrierefreiheit ist auch im Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen angesprochen und soll laut Maßnahmenplan bis zum Jahr 2013 umgesetzt werden. Ebenfalls findet sich die Problematik mit der bisherigen Ausbildung in den Empfehlungen des Beirates für Baukultur des Bundeskanzleramtes. Darin finden sich sogar Regelungen zu Verantwortung und Haftung.

„Unsere langjährigen Forderungen müssen nun endlich im Parlament behandelt und ernst genommen werden“, so Voget abschließend.

Wortlaut der Petition

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“

Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Bundeskompetenz liegt durch die Zuständigkeit für Universitäten (damit für Architekturfakultäten usw.), Fachhochschulen, HTLs und Befugnisprüfungen vor, Außerdem durch die im „Anliegen“ zitierten Erklärungen und Forderungen (Nationaler Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen, Beirat für Baukultur im Bundeskanzleramt, Erklärung Bundesminister für Wissenschaft und Forschung).

ANLIEGEN:

Der Nationalrat wird ersucht, alle Maßnahmen zur Umsetzung und der Kontrolle der obgenannten Erklärungen und Forderungen zu treffen. Dies im Einvernehmen mit den „Behindertenorganisationen“.

Der „Nationale Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen – Die behindertenpolitische Strategie Österreichs 2012- 2020“ (Entwurf Dezember 2011) sieht unter den Maßnahmen (3.8.3) die „Barrierefreiheit als Pflichtfach in allen einschlägigen Ausbildungen (Architektur, Bauingenieurwesen, Bautechnischen Berufe)“ vor. Als Zeithorizont wird 2013 angegeben, als zuständig „alle Bundesministerien“.

Die Empfehlungen des „Beirates für Baukultur“ (Bundeskanzleramt, Juni 2011) sehen das „Design for All“, eine gegenüber dem Nationalen Aktionsplan erweiterte Ausbildungsliste und auch die- vor allem die SteuerzahlerInnen wichtige- Regelung von Verantwortung und Haftung vor.

Es darf hier auf das jahrelange Bemühen insbesondere der Behindertenorganisationen auf Umsetzung dieser Forderungen hingewiesen werden.


ÖZIV: 5.121-mal Ja zu Barrierefreiheit

Nach Abschluss des Sammelns von Unterschriften übergaben ÖZIV Präsident Klaus Voget und sein Vize Georg Leitinger 5.121 Unterstützungserklärungen an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

Hintergrund der Aktion ist, dass zwar spätestens ab dem Jahr 2016 öffentlich zugängliche Gebäude barrierefrei sein müssen, es aber keine verpflichtende Ausbildung hinsichtlich Barrierefreiheit gibt. Egal ob Universität, Fachhochschule oder HTL, das Thema Barrierefreiheit ist nur als Wahlfach etabliert. „Unsere Initiative ist nun umso drängender, da die Thematik auch im kürzlich vom Ministerrat angenommenen Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) im Kapitel Verkehr abgeschwächt wurde“, erklärt ÖZIV Präsident Klaus Voget. „War im Entwurf zum NAP noch von der Schaffung von Pflichtlehrveranstaltungen zum Thema Barrierefreiheit bei Studien an Technischen Universitäten sowie weiteren Ausbildungsstätten die Rede, ist in der endgültigen Fassung nur mehr von der Sicherstellung von Lehrveranstaltungen die Rede. Das ist eindeutig zu wenig und ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen!“

Die Lehrpläne und Ausbildungsziele der weiterführenden Schulen fallen in Bundeskompetenz Mit der Einbringung der Bürgerinitiative hofft der ÖZIV nun auf eine entsprechende parlamentarische Behandlung und die Festschreibung der verpflichtenden Ausbildung hinsichtlich barrierefreiem Planen und Bauen. Im NAP heißt es wörtlich: Eine essenzielle Voraussetzung für barrierefreies Bauen und Wohnen ist die Sicherung eines Qualitätsstandards in den entsprechenden Ausbildungen. Die Entschließung des Europarates ResAP (2001) über das Universelle Design fordert daher die Einführung der Grundsätze des Universellen Designs in die Lehrpläne für sämtliche Berufe im Bauwesen, einschließlich der Bereiche Architektur und Stadtplanung sowie in allen anderen Berufen und Tätigkeiten, die mit dem baulichen Umfeld zu tun haben oder es gestalten.

„Wir hoffen und appellieren an das Parlament, dass hier rasch eine Einigung erzielt wird. Es geht nicht länger an, dass die durch die UN-Konvention verbrieften Rechte von Menschen mit Behinderungen durch mangelnde Ausbildung und dementsprechende Planungs- und Baufehler hintertrieben werden“, so Voget abschließend.


Stellungnahmen

Stellungnahme von: Volksanwaltschaft zur Bürgerinitiative (45/BI) betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ (auszugsweise)
„Barrierefreiheit als Pflichtfach“ gewinnt auch angesichts des, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Baurechts an zusätzlicher Bedeutung. Denn, auch wenn sich aus der Staatszielbestimmung des Art 7 letzter Satz B-VG, eine Pflicht des Gesetzgebers ableiten lässt, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung durch die Setzung positiver Maßnahmen im Bereich des Baurechts abzubauen, besteht keine einheitliches Vorgangsweise betreffend barrierefreies Bauen.
Die im Detail vorhandene Unterschiedlichkeit der Rechtslagen in den Bundesländern verdeutlicht die Notwendigkeit nach Harmonisierung. Darauf wurde wird bereits in der Stellungnahme der Volksanwaltschaft zum Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderung 2012-2020 entsprechend hingewiesen.
Die Volksanwaltschaft unterstützt, aus den oben angeführten Gründen, die Umsetzung der Bürgerinitiative.
Die komplette Stellungnahme gibt es hier.

Stellungnahme von: BM f. Arbeit, Soziales u. Konsumentenschutz zur Bürgerinitiative (45/BI) betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ (auszugsweise)
Im Kapitel 3 (Barrierefreiheit) des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2012-2020 ist die Aufnahme von Barrierefreiheit und „Design for All“ als Pflichtfach in alle entsprechenden Ausbildungen als Zielsetzung festgeschrieben.
Diese Maßnahme sieht die Barrierefreiheit als Pflichtfach in allen einschlägigen Ausbildungen (z.B. Architektur, Bauingenieurwesen, bautechnische Berufe) sowie für die verantwortlichen Personen in den Baubehörden und im Denkmalschutz vor. Die Umsetzung dieser Maßnahme ist im Jahr 2013 vorgesehen und liegt in der Verantwortung aller Bundesministerien.
Die komplette Stellungnahme gibt es hier.

Stellungnahme von: BM f. Wissenschaft und Forschung zur Bürgerinitiative (45/BI) betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ (auszugsweise)
Der Bereich „Barrierefreies Bauen“ ist an den beiden Technischen Universitäten Wien und Graz in den Studienplänen des Ausbildungsbereiches Architektur explizit verankert. Er wird an beiden Universitäten als Wahlfach im Masterstudium Architektur angeboten. Die Kompetenz zur Erstellung der Curricula liegt beim Senat und der vom Senat eingerichteten entscheidungsbefugten Kommission nach § 25 Abs. 8 Z 3 des Universitätsgesetzes. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung kann nur im Rahmen der Leistungsvereinbarungsverhandlungen bei der Formulierung von gesellschaftlichen Zielsetzungen auf die Empfehlung des Beirats für Baukultur hinwirken. Daher ist das Thema Barrierefreiheit in den Leistungsvereinbarungen, aber auch in den Entwicklungsplänen und den Wissensbilanzen ein fixer Bestandteil.
Die komplette Stellungnahme gibt es hier.

Stellungnahme von: BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend zur Bürgerinitiative (45/BI) betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ (auszugsweise)
Betreffend die Verankerung der Vorgaben zur Barrierefreiheit, insbesondere des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, im Bereich der betrieblichen Berufsausbildung wird seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend der Bundes-Berufsausbildungsbeirat ersucht werden zu prüfen, inwieweit Gleichstellungsaspekte stärker Eingang in die Ausbildungsvorschriften finden können.
Die komplette Stellungnahme gibt es hier.

Stellungnahme von: BM f. Unterricht, Kunst und Kultur zur Bürgerinitiative (45/BI) betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ (auszugsweise)
Zur angesprochenen Verankerung der Barrierefreiheit als Pflichtfach in allen einschlägigen Ausbildungen im Kontext des Nationalen Aktionsplans der österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention 2012-2020 wird vorweg darauf hingewiesen, dass im laufenden Unterrichtsgeschehen sowohl in den facheinschlägigen Berufsschulen als auch in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen auf die Thematik der Barrierefreiheit eingegangen und aufmerksam gemacht wird. Inhalte zum „barrierefreien Bauen“ werden für die in diesem Schuljahr modular zu gestaltenden Lehrpläne der Bautechnik (Höhere Lehranstalt, danach Fachschulen, Sonderformen) aufgenommen werden; die vorbereitenden Arbeiten dazu werden voraussichtlich bis Mitte 2013 abgeschlossen werden können
Die komplette Stellungnahme gibt es hier.


Parlamentskorrespondenz

In der Parlamentskorrespondenz vom 12.09.2012 findet man folgenden Text:
ÖZIV fordert Pflichtfach „Barrierefreiheit“ für ArchitektInnen
Der Präsident des Österreichischen Zivil-Invalidenverbandes (ÖZIV) Klaus Voget hat dem Nationalrat eine Bürgerinitiative überreicht, die auf die Einführung eines Pflichtfachs „Barrierefreiheit“ für angehende ArchitektInnen, BauingenieurInnen und VertreterInnen anderer bautechnischer Berufe abzielt ( 45/BI und 13/BI). Die UnterzeichnerInnen der Initiative drängen darauf, die Lehrpläne an Universitäten, Fachhochschulen und Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) entsprechend zu adaptieren und verweisen in diesem Zusammenhang auch auf Empfehlungen im Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen sowie auf Empfehlungen des Baukultur-Beirats.

In der Parlamentskorrespondenz vom 04.10.2012 findet man folgenden Text:
Bürgerinitiative Nr. 45 betreffend Barrierefreiheit als Pflichtfach für angehende ArchitektInnen und Bauingenieure
Einholung von Stellungnahmen des Unterrichts-, des Sozial-, des Wirtschafts- und des Wissenschaftsministeriums. Eine Stellungnahme der Volksanwaltschaft ist bereits eingetroffen.

In der Parlamentskorrespondenz vom 27.11.2012 findet man folgenden Text:
Bürgerinitiative Nr. 45 betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“ – Zuweisung an den Unterrichtsausschuss

In der Parlamentskorrespondenz vom 30.01.2013 findet man folgenden Text:
Abgeordneter Johann HELL (S) unterstrich die Vielfalt der Anliegen, die im Bericht des Petitionsausschusses zum Ausdruck kommen. Eine Petition, mit der man sich auch im zuständigen Ausschuss weiter befassen werde, widme sich mit der Sensibilisierung für Anliegen der EZA. Auch die Adaptierung der Lehrpläne von FHs, Unis und HTL an das Thema Barrierefreiheit sei ein Erfolg einer Initiative von BürgerInnen, genauso wie die Verbesserung der Zugverbindungen am Bahnhof Wörgl. Hell meinte, das sei auch dem Engagement der regionalen Abgeordneten zu verdanken.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) betonte, es müsse den BürgerInnen vermittelt werden, dass es immer etwas bringe, sich mittels Petitionen und Bürgerinitiativen zu engagieren. Ein gutes Beispiel sei die Verankerung des Themas Barrierefreiheit in den Lehrplänen von FHs, Universitäten und HTL. Damit befasse sich bereits der zuständige Ausschuss. Grundsätzlich müsse es mehr Mitbestimmung der BürgerInnen geben. Die wichtigsten Eckpunkte dazu lägen nun auf dem Tisch, wie die Aufwertung von Volksbegehren oder die Möglichkeit von BürgerInnenanfragen an Regierungsmitglieder. Die BürgerInnen wollten mehr mitreden, sie sollten das auch tun können, konstatierte Aubauer und meinte, der Zug mit dem Reformpaket sei bereits auf Schiene. Er werde hoffentlich rasch ans Ziel gelangen, sagte sie.


Danach findet man keine weiteren Informationen zur Petition „Pflichtfach Barrierefreiheit“ in der Parlamentskorrespondenz – ein Schelm, der daraus schliessen würde, dass dieses Theam „ruhend gestellt“ wurde.

Zuletzt noch eine Aussage der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitaion:
Allgemein zum Thema Petitionen: wie bereits jetzt erkennbar ist, wird die Wirtschaft sich im Herbst massiv für eine Verlängerung der Übergangsfrist einsetzen. Gleichzeitig werden die Evaluierungen von BGStG und BEinstG vom Sozialministerium veröffentlicht werden. Wir denken, es wird ein heißer Herbst was die Sozialpolitik betrifft.

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